PRESSE

 Dietingen Gesundheit wächst auf der Wiese

Andrea Staffler und ihre Tochter Lucy finden wilden Schnittlauch. Foto: Müller Foto: Schwarzwälder-Bote

Langsam, aber sicher erwacht die Flora aus ihrem Winterschlaf. Die Wiesen werden grüner, die ersten Blumen und Wildkräuter entfalten ihre volle Pracht. Doch Wiese ist nicht gleich Wiese, erzählt Kräuterpädagogin Andrea Staffler bei einem Spaziergang durch die Wiesen beim Schwarzenbach.

 

Dietingen-Gößlingen. "Um Gößlingen gibt es viele Magerwiesen", weiß die Kräuterpädagogin, und das sei auch gut so. Mager bezieht sich nämlich vielmehr auf die spärliche Düngung als auf die Artenvielfalt. Denn, mittlerweile seien die stark gedüngten Wiesen fast Normalität, mit mehreren Schnitten im Jahr, die der kleinen Bauern eher Raritäten. Das dichte und schnell wachsende Gras für die Heuernte verdrängt die Wiesenkräuter, die vielen Mahden im Jahr verhindern es, dass Pflanzen ihre volle Blüte entwickeln.

 

Obwohl Mitte April bisher erst einzelne Pflänzchen blühen, zeigt sich bereits die große Artenvielfalt der heimischen Wiesen.

 

"Hier, den Wiesen-Bocksbart würde man zum Beispiel auf keiner exzessiv bewirtschafteten Wiese finden", erklärt die Kräuterpädagogin und pflückt etwas Kraut zwischen den Gräsern. In wenigen Wochen wird sie gelbe Blüten tragen – ähnlich wie der Löwenzahn.

 

"Der Löwenzahn ist mittlerweile eine ›Allerweltspflanze‹, der vor allem auch auf stark gedüngten Wiesen wächst. Vor rund 100 Jahren war er noch nicht so verbreitet." Dabei kann man aus den zackigen Blättern einen gesunden Salat machen. Die Kostprobe direkt auf der Wiese belegt: Löwenzahn schmeckt bitter, ist aber durchaus gesund. Die Bitterstoffe regen – ähnlich wie der Schnaps nach dem Essen – die Verdauung an.

 

Das Arnika der Kinder

 

Generell sei es gesund, Wildkräuter als Ergänzung in die Ernährung mit einfließen zu lassen, weiß die 35-Jährige. Die naturbelassenen Pflanzen enthalten eine große Anzahl an Nährstoffen, während Salat und Gemüse aus dem Supermarkt über Jahre "mundgerecht" gezüchtet wurden und dabei Nährstoffe einbüßten.

 

Andrea Staffler absolvierte ihre Ausbildung zur Gärtnerin in einer Kräutergärtnerei in Stuttgart. In einer mehrwöchigen Fortbildung ließ sie sich ergänzend zur Kräuterpädagogin ausbilden. Seit etwa einem Jahr lebt die gebürtige Südtirolerin mit Partner und ihrer kleinen Tochter Lucy in Gößlingen.

 

Die fast Einjährige sitzt auf der Wiese und steckt sich ein Gänseblümchen in den Mund. "Nicht schlimm", sagt ihre Mutter, "Gänseblümchen sind das Arnika der Kinder." Die kleinen Blümchen sind mild und können als Tee den Appetit und den Stoffwechsel anregen.

 

Generell gilt – was nicht giftig ist, ist essbar. So schmecken auch Dinge, die man zunächst nicht als lecker einstufen würde. Die zarten rosa Blüten des Wiesenschaumkrauts beispielsweise schmecken entgegen ihrer Optik ähnlich scharf wie Senf.

 

Es riecht karottig

 

Wer mit offenen Augen durch die Felder läuft, erkennt so manches Kraut, das man aus dem eigenen Garten kennen könnte. Auf der Gößlinger Wiese nahe des Schwarzenbachs ragen einzelne Büschel aus langen Halmen zwischen dem Gras hervor: Sieht aus wie Schnittlauch, schmeckt wie Schnittlauch, ist wilder Schnittlauch.

 

Auch Wiesenkerbel ist durchaus in der Küche einsetzbar. Andreas Staffler reibt an den "gefiederten" Blättern: Es riecht karottig.

 

Anhand der Flora erkennt Staffler, dass sie sich hier in der Region zwischen der rauen Schwäbischen Alb und dem Schwarzwald befindet. "Hier hat es von beidem etwas – viele Nadelbäume, aber auch Wacholderheiden, wie es viele auf der Alb gibt."

 

Ebenfalls eine Besonderheit für die Region sind Schlüsselblumen. "Solche Mengen, wie ich sie hier finden kann, habe ich noch nie gesehen", meint Staffler. Obwohl das Vorkommen in der Region hoch ist, gilt die kleine gelbe Blume in anderen Bundesländern als gefährdet und ist daher geschützt.

 

"Jetzt merkt man der Flora jede Woche an. Mitte Mai wird die grüne Wiese hier wunderbar bunt sein."


 Schwarzwälder-Bote, 24.03.2017


Leckeres aus Giersch, Gundelrebe und Wegmalve

 

Tee, Salatgewürz oder Smoothie: Andrea Staffler gibt Teilnehmern einer Kräuterwanderung in Dürrenmettstetten Tipps

 

Eine geführte Kräuterwanderung bot der Biolandhof Frey mit der Kräuterpädagogin Andrea Staffler an. Zum Glück für die knapp dreißig Teilnehmer verzogen sich die dichten Regenwolken pünktlich zum Start der rund dreistündigen Tour durch das Gelände rund um den Ort.

 

Wildkräuter, die mancher als Unkraut bezeichnet, können äußerst schmackhaft sein, verrät die 34-jährige Kräuterfachfrau. Vieles kann als Tee verarbeitet werden, oder als würzige Zutat im Salat den Geschmack, sowie auch die Vitaminzufuhr verbessern. Praktische Tipps gab es bei der Entdeckungstour gleich dazu: Kräuter für einen Tee sollten am besten bei sonnigem Wetter ab 10 Uhr bis spätestens 13 Uhr geerntet werden. Die Handpflückung garantiere dabei eine schonende Behandlung, damit nicht allzu viele ätherische Öle austreten. Die Weiße Taubnessel als Tee zubereitet, gehöre zu den „Frauenkräutern“, die das Wohlbefinden fördern, kann die ausgebildete Kräuterpädagogin den zahlreichen Frauen als Hinweis geben.

 

Die Teilnehmerinnen rochen auch an der Knoblauchsrauke, die wegen ihrer lauchigen Geschmacksnote gerne für die Frankfurter Grüne Soße genommen werde, informiert Staffler. Dass der Gundermann oder auch als Gundelrebe genannte Pflanze in flüssige Schokolade getaucht sehr lecker schmeckt, hätte niemand der Teilnehmer gedacht. Bestens bekannt für jeden dagegen war die Vogelmiere. Diese zarte Pflanze, die sich unwahrscheinlich groß ausbreite, könne man gleich in den Salat geben, rät die Pädagogin. Dabei habe dieses Nelkengewächs das 100-fache mehr an Vitamin C wie ein Kopfsalat, gab sie zu bedenken.

 

Weitere Entdeckungen am Wegesrand oder - was für einen Kräutersammler ratsamer sei - ein paar Meter weiter hinter der Hecke, waren der Giersch, das weiße Wiesenlabkraut, Waldmeister, weiße Taubnessel und Veilchen. Sei man sich unsicher, ob die Kräuter als Tee getrocknet, im Smoothie oder als Gewürz verwendet werden, „dann essen Sie es einfach, dann kann es der Körper aufnehmen“, rät die aus Südtirol stammende Fachfrau. Die ausgegrabene Wurzel der Wegmalve könne man in kleine Stücke geschnitten trocknen und im Winter als Halsbonbon verwenden. Die Schleimbildung beim Kauen tue bei Halsschmerzen oder bei gereiztem Magen gut, verrät sie noch als letzten Tipp, bevor es zum Abschluss auf dem Biohof Frey einen leckeren grünen Smoothie zum Verkosten gab. 


Kostbarkeiten am Wegesrand

Kräuterwanderung mit Andrea Staffler in Dürrenmettstetten lockt gut 60

Interessierte 

 

Eine überaus große Resonanz erhielt die Wildkräuterwanderung, geführt von Kräuterpädagogin Andrea Staffler, denn mit über dreißig Interessierten kamen doppelt so viele wie erwartet. Wenn auch die Wildkräuter nach dem trockenen Sommer etwas spärlich wuchsen, während der rund dreistündigen Tour hatte die angehende Kräuterpädagogin allerhand Wissenswertes und Informatives zu erzählen.

 

Die Rundwanderung begann am Bioladen Frey und führte zuerst über das Ersach in Richtung Brunnenturm. Erster Halt war an einer Brombeerhecke. Nicht nur die Früchte seien wertvoll, sondern auch die Blätter, die eine gute Basis für Kräutermischungen bilden, erklärte die 34jährige Kräuterpädagogin, die aus Südtirol stammt. Bitterstoffe, wie sie in der Ackerkratzdistel vorhanden sind, fördern die Verdauung, informiert sie die Kräuterkundler weiter. Die Pflanzenrosette mit ihren stacheligen Blättern, die von vielen gleich als übles Unkraut identifiziert wurde, könne man sogar in einem Bierteig frittieren oder ein duftendes Gelee daraus machen, weiß Staffler. Weitere Pflanzen, die nicht nur entdeckt, begutachtet und manche sogar gleich probiert wurden, waren Spitz- und Breitwegerich, Schafgarbe, Wiesenlabkraut, Wiesensalbei, das stimmungsaufhellende Johanniskraut, Giersch, die Alleskönner-Pflanze Brennessel, die Königskerzen, von der die zartgelbe Blüte gekostet wurde, Weißdorn, Melden und das Eibisch-Gewächs Weg-Malve.

 

Allerlei Tipps, wie die Wildkräuter verwendet werden können, ob im Salat, als Gemüse, frisch oder getrocknet als Tee, in Tinkturen, als Öl, sowie ein Rezept zur Herstellung von Lippenbalsam aus der Weg-Malve, begeisterte die Wanderschar. Die beste Sammelzeit für Teekräuter sei von zehn bis 13 Uhr, rät Staffler, „da sind die Inhaltsstoffe am kräftigsten“. Ihre Begeisterung für Wildkräuter möchte sie auch weitergeben, wie die Gärtnerin betont und so durfte jeder Besucher ein Samentütchen „Guter Heinrich“ (Wildspinat) für den eigenen Garten mitnehmen. „Da lernt man doch immer noch was dazu“ war der Tenor dieses Nachmittags und zum Abschluss gab es im Bioladen der Familie Frey eine wohlschmeckende Verkostung von Kräuterbutter auf frischgebackenem Brot. Nach der gelungenen Premiere steht für die Kräuterpädagogin fest, dass es noch weitere Führungen, auch in Zusammenarbeit mit dem Biohof Frey, geben wird.


Schwarzwälder-Bote, 10.09.2015
Schwarzwälder-Bote, 10.09.2015